Der CEO spricht: „FFF!“
Für das erste Mal nach dem Verbot (!) kultureller Darbietung in geschlossenen und offenen Räumen, war die Veranstaltung, die unser CEO gestern Abend im Inneren des KulturBahnhofs in Saarbrücken besuchte, ein vergleichsweise nichtiger: „Ein Kind der 50er Jahre“ war die Veranstaltung von Rainer Petto überschrieben, einem der vielen ehemaligen Mitarbeiter (erstaunlicherweise überwiegend: m) des lokalen Lokalfunks – von unserem CEO mit noch ganz anderen Bezeichnungen attribuiert -, die nun nicht mehr den Äther mit ihren zum Glück nur per Decoder empfangbaren Produktionen verstopfen, dafür hingegen die Kleinbühnen der Stadt, so auch diese: die ‚Kantine‘. Diese ist mit Mobiliar aus genau der deutschen Zeit vollgestopft, um die es gehen sollte, und unser CEO hatte den als ‚Platz 8‘ ausgewiesenen Sessel samt Beistelltischchen für das Glas – zugegebenermaßen qualitativ höchst befriedigenden – Weißweins ergattert.
Frauen und Männer waren in erstaunlicher Parität zugegen, berichtet unser CEO, was ein Zustand sei, der nicht einmal in seinem Unternehmen eingelöst sei, von der Gesamtwirtschaft und -gesellschaft einmal abgesehen. Altersmäßig schien die Nostalgie die Leute in die ‚Kantine‘ getrieben zu haben; sie wollten etwas über ihre im Nebel des allmählichen Vergessens liegende Vergangenheit aus dem Blickwinkel eines in der Sprache Geübten erfahren, in Erinnerungen schwelgen. Schwelgen ist unseres CEO Sache nicht; es habe ein ziemlicher Hauch Altersheim über den ergrauten Köpfen der Anwesenden (w/m/s) geschwebt, was ihn erschrocken habe. Die rührige Eröffnungsrede der Macherin des KulturBahnhofs und der Vortrag des Herrn Petto haben dann schlimmste Befürchtungen unseres CEO Realität werden lassen. In lokal üblichem, pointenüberreich verschwurbelten Humor – oder was hier dafür gehalten wird -, von glucksenden Damen stets quittiert, habe Herr Petto, sich für einen Schriftsteller höherer Güte haltend, seine ambitionösen Texte aus den Achtziger- über seine und seiner Familie Fünzigerjahre vorgelesen, die er nicht einer erneuten Revision unterzogen habe. Wäre vlt. doch besser gewesen … aber die Anwesenden (m/w/s) wären derart eingenommen gewesen von den Stories, dass es böse gewesen wäre, zu frühzeitig zu gehen. Als dann zu Musikbeispielen endgültig wie in einem Altersheim mitgesungen und geschunkelt wurde, wär’s beinahe passiert …
Für Derartiges müsse man, obgleich es kostenlos gewesen wäre, Schmerzensgeld verlangen, so unser CEO, wütend. Reine Zeitverschwendung, um dann doch immer wieder nur dasselbe feststellen zu müssen: die seichte Verfassung dessen, was sich als Kultur getarnter Saarnazionalismus (sic!) in den Köpfen festgesetzt habe; eine direkte Folge der NAZI-Herrschaft ab 1936 sei das, die von dem Ober-NAZI Röder ab 1957 noch weitere 20 Jahre in genau dem Geiste fortgeführt worden wäre. Und der Herr Oskar als Ziehsöhnchen desselben habe es eigentlich – rotgetüncht – ebenfalls fortgesetzt, nur mit einer Pseudoemphase auf das Sozialistische, nur mäßig befreit vom, sondern vielmehr durchaus weiterhin – wenn auch verdünnt – im Nazionalen (sic!). Der Charakter des unsauberen Herrn Oskar ist ganz klar der eines FÜHRERS (Anm. d. Red.: gut das hier niemand die Gestik und die einschlägige Armbewegung sehen kann). So gehe der, von den Seinen inzwischen „Oppa“ genannt, auch mit der Partei um, in der er sich mit seiner aktuellen Gattin tummele. Es höre einfach nicht mehr auf … und sie seien immer noch in und unter uns. – Das war eindeutig kein schöner Abend für unseren CEO. Da muss er in Zukunft besser (auf sich) aufpassen.
© VG Wort, 2021.