Der CEO spricht: „OOO!“

Ordnungen seien dazu da, hinterfragt zu werden. An ihnen müsse unablässig gekratzt werden. Das sei das Prinzip im von uns Menschen erkennbaren Teil des Natürlichen, dem die Kultur gegenüberstehe mit ihrem verzweifelten Versuch der Künste, Systeme einer Ordnung zu schaffen, auf dass es wenigstens dort den schönen Schein derselben gebe. So sehe er, unser CEO, nach all den Jahren seiner eigenen Praxis, die eine durch&durch menschliche und dabei selbstreflexive sei, die künstlerischen Dinge. Ihm sei es ein Rätsel, weshalb viele Menschen Unordnung, welche ja – schon rein begrifflich – auch eine Art Ordnung sei, nicht aushalten könnten. Natürlich können Dinge in Unordnung geraten und vieles in unserer ungerechten Welt ist so nicht in Ordnung und muss aktiv bekämpft werden. Es sei aber nicht die Un/Ordnung an sich, die im Fokus stehen müsse, sondern der Umgang mit ihr durch uns Menschen, welcher stets ein dynamisch zu denkender sei. Das Problem sei folglich eher die Dynamik, welche stets Aufmerksamkeit einfordere und damit Kraft koste. Zwar würde von den Menschen der sog. westlichen Hemisphäre ohne Ende Kraft für alles Mögliche eingesetzt, nicht aber dafür, Ordnung zu erkennen; stattdessen wird sie gesucht oder es werden Zustände angestrebt, die zwar als solche bezeichnet würden, jedoch rein gar nichts mit ihr zu tun hätten.

Ordnungsämter – die amtlichen Hüter einer bestimmten Ordnung – seien geradezu der Inbegriff von Chaos, nicht einmal der Unordnung, was ja bekanntlich … (s. o.). Das wären sie mehr oder weniger immer schon gewesen, weil die von diesen Orts-POLIZEI-Behörden angestrebte beziehungsweise durchgesetzte Ordnung eine auf Satzungen beruhende sei, die von der hegemonial tickenden bürgerlichen Schicht – welche stets in der Minderheit sei – bestimmt, der ‚Masse‘ – also der leider unorganisierten Mehrheit – aufoktroyiert werde. Diese hegemonial tickende Schicht sei geradezu besessen von einem vagen Ordnungsbegriff, der von ihr gesteuert (also doch: eine Dynamik enthaltend) und im Zweifel eben auch von Schergen (durchaus rabiat) durchgesetzt werde. Gelinge das nicht mehr, weil die ‚Masse(n)‘ sich zu einer massiven und letztlich nicht mehr steuerbaren Mehrheit entwickelt hätte(n) – ganz gewiss aus eigener zwangsläufiger und stets zwanghafter Fehlplanung, so unser CEO -, werde entweder brutale Macht inklusive noch brutalerer Gewalt angewendet, oder die Bourgeoisie ziehe sich in Schutzräume zurück, in denen der Glaube an eine heile Welt krampfhaft aufrecht erhalten werde. Gated Communities, diverse Kitschzustände („Kunst“) und andere Realitätsverzerrungen gegen jedes bessere Wissen.

Ob solche Zustände noch zu vermeiden seien, wo jetzt ein Virus die Welt aus den Angeln gehoben habe, könne bezweifelt werden. Er – unser CEO – habe kürzlich am eigenen Leibe erfahren, wie die Dinge eskalieren könnten, wenn die „Schäferhunde der Bourgeoisie“ ihren Impulsen freien Lauf ließen. Ein Straßenfeger (m) habe in seiner Schlichtheit einen Zustand kreiert, der nahezu unbeeinflussbar in Echtzeit seine Wirksamkeit entfaltete; wohl, weil es in dem Setting Personen gegeben habe, denen der mit einem Besenschlag in die Welt gesetzte Impuls mehr als zupass gekommen sei. Das sei ihm eine Lektion gewesen, die er allerdings anders aufnehme und verarbeite, als die sie erteilt Habenden (m/m/m/w) es sich in ihrer begrenzten Fantasie ausmalen könnten. Ein Teil desselben sei diese Ansprache, ein anderer eine Serie von Beschwerden gegen insgesamt drei maßgeblich Beteiligte (allesamt: m) an dem Desaster, wobei die eine weitere Beteiligte (w) auch keine gute Figur gemacht habe. Da sie aber eher gar keine Figur gemacht habe, bleibe sie außen vor, ebenso wie einer der „Schäferhunde“, der da eigenartig herumgeschwänzelt wäre und die ganze Zeit mit dem dazu erforderlichen Körperteil gewedelt hätte als wollte er bloß spielen. Die Welt sei deutlich aus den Fugen!

© VG Wort, 2021.

Der CEO spricht: „NNN!“

Nachbarn könnten sehr treue Seelen sein, sagt unser CEO, sehr treue; vorausgesetzt, man erweise sich der Treue würdig. Das sei ihm offenbar gelungen, sogar über mehrere Straßen und viele Meter des Höhenunterschieds hinweg. Der, um den es sich hier handelt, ist ein besonders treues Exemplar dieser Spezies, die seltener geworden sein soll; in jeder Hinsicht: als Partner*in, als Kund*in und als Wähler*in. Im letzten Falle wäre das aus demokratischer Perspektive sehr wünschenswert, denn nichts sei demokratiefeindlicher als festgefahrene Zustände, die immer in Korruption und Korrumption endeten, woran nur der/die/das Wähler*in als entwickeltes demokratisches Subjekt etwas ändern könne, am besten präventiv. Dazu neige der/die/das deutsche Wesen allerdings so rein gar nicht. Demnächst gebe es die nächste Gelegenheit, ihn mit dem Gegenteil zu überraschen. Doch diese werde in den Wind geschlagen, weil die sprichwörtliche geistige Trägheit sich in Jahrhunderte währenden Prozessen gemäß epigenetischer Gesetzmäßigkeiten fortzupflanzen und zu verfestigen scheine. Er, unser CEO, stünde unmittelbar vor der vollständigen Resignation.

Brief an Ulrich Ludat von Stefan Weszkalnys vom 11.07.2021 mit Artikel aus der 'Süddeutschen Zeitung'.
‚Brief‘ an den CEO v. 11.07.2021. – © VG Bild-Kunst, 2021.

Nun aber zurück zum Thema: Nachbarn könnten sehr treue Seelen sein. Die Tage habe unseren CEO analoge Post erreicht (s. o.), die im Zeitalter der voll elektronisierten Kommunikation eher aus der Ferne, denn aus der Nähe käme. In diesem Fall sei sie von ganz nah gekommen und habe einen Ausschnitt aus einer überregionalen Zeitung enthalten, der mit sehr persönlichen Worten versehen gewesen sei, die ihn sehr anrührten; nach wie vor. Und das geschehe ausgerechnet an Tagen, an denen er selbst sich erstmals in der Collagetechnik geübt habe (s. u.), eine lokale Zeitung zerschnippelnd, die – so seine überraschende Beobachtung – hauptsächlich Bilder von Situationen der Mobilität enthielte. Kein Wunder im langjährigen Autofahrer*innenland #1 der BRD, wo man sich ob seiner sprichwörtlichen »Strackheit« noch mächtig umgucken werde.

Erste Collage des CEO. © VG Bild-Kunst, 2021
Erste Collage des CEO, der auch ein Künsteler (sic!) ist; Titel: „not to spread the word“; Preis: € 500,00. © VG Bild-Kunst, 2021.

Natürlich hätte sich beim dritten Absatz angeboten, diesen mit »NAZI« zu beginnen, doch sind wir nicht direkt – sondern dann (leider) doch indirekt – in die Falle getappt, stets ein absolutes Unwort im Munde zu führen, mit dem sich sprachkeulenhaft jede Diskussion zerstören lässt, in dem das Gegenüber oder der Gesprächstgegenstand oder eine Denkweise mit dem sehr deutschen N-Wort bezeichnet wird; oft sogar zu recht. Unser CEO findet, dass der Begriff »Labyrinth« derjenige sein soll, der den dritten Absatz prägen möge, sofern der Leser (w/s/m) bis hier gekommen sei, was noch lange nicht ausgemachte Sache sein könne. Denn Lesen und das sich durch das Labyrinth der Meinungen, die in zahllosen Zeichen (Buchstaben genannt) verschlüsselt daherkämen und erst mühevoll aus ihrer mehrfachen Decodiertheit befreit werden müssten, sei jedermanns/-fraus Sache nicht. Seine, unseres CEO, Sache schon … daher lese er ohne Ende. Und rede und schreibe … auch, um das Labyrinth der öffentlich geäußerten Gedanken um eine Facette zu bereichern.

© VG Wort, 2021.

Der CEO spricht: „MMM!“

Musik? Keinesfalls. Die Selbstbezeichnung lautet Soundwerkstatt: Floating, was ein seltsamer Mix sei, bevor es losgegangen wäre; „sound workshop: floating“ klänge schlüssiger, wenn schon Englisch als die passendere Sprache für den Titel erachtet worden wäre. Wenn man sich schon beim Titel derart aufhalten könne, wäre schon alles ‚zu spät‘; und so sei’s dann auch gewesen: vollkommen nichtig. Das Glas guten und perfekt temperierten Weißweins für dreieurofünfzig hätte es mitnichten gerissen. Die piefige Fünfzigerjahrebesesselung der Spielstätte wäre allerdings passend gewesen: Ein knappes doppeltes Dutzend überwiegend Graubehaarter (w/w/m/s) lieferte sich in ihnen den Klängen eines Gurus aus, die ein gutes halbes Stündchen über zwei Lautsprecher samt Subwoofern waberten, vom Guru mit feuchten Fingern an einem digitalen auf Retro getrimmten Tonerzeuger produziert und mittels einiger knapp gehaltener, weiteren Maschinen moduliert und so weiter worden sei. Der Hinweis, die Schuhsohlen zu erden, um die Schwingungen und Schwebungen zu inkorporieren, wäre überflüssig gewesen bei den für solche Effekte unterdimensionierten Boxen.

Das Set des Elektroklang-Gurus – Foto: Ulrich Ludat; © VG Bild-Kunst, 2021.

Mannomann, sei das eine zähe Sache gewesen. Der Mann am Set, Stefan Zintel (Selbstbezeichnung: Dozent, Klangkünstler, Musiker und Musikproduzent),1 versetzte fast alle Anwesenden (w/s/m) in den Tiefschlaf, was – wenn es denn gelungen wäre – eine witzige künstlerische Idee gewesen wäre: Ein Konzert, das niemand (s/w/m) komplett gehört habe trotz korrekter Ausführung alle Verrichtungen, die zum Erfolg hätten führen können, wäre da nicht der Hypnotiseur mittels Sounds am Set gewesen … stattdessen: „Die musikalische Gestalt entwickelt sich durch minimalistische Veränderungen einzelner Parameter.“ Minimalistisch wäre rein gar nichts gewesen, und die Veränderungen auch nicht minimal; also alles nur ein GROSZES Geschwafel? Ja, meint unser CEO, vollkommenes, wie zum Beispiel: „Es geht nicht um das bloße Darstellen, sondern darum, dass sich etwas ereignet.“ Das Gegenteil sei der Fall gewesen. „Was soll man dazu noch sagen …“

Massive Langatmigkeit ist aber nicht nur des Gurus am Set Stärke, sondern auch die des den2 Abend moderierenden Doktors; eines, der sich selbst super gerne vor allem Herumreden höre. Deshalb rede er auch stets viel und völlig belangloses Zeugs und scheut sich nicht, seine abgrundtief provinzielle Kleinbürgerlichkeit zur Schau zu stellen. Das habe er bei dem sich nach einem Päuschen (zum Wiederaufwachen und „Kaltgetränke holen“) anschließenden „Komponistengespräch“ voll&ganz eingelöst. Auf dumme Fragen habe es wortreiche, zappelige, einstudierte und vollkommen uninspirierte Dozenten-Antworten gegeben, die zeigten: von künstlerischer Inspiration könne keine Rede sein. Wäre es auch nie gewesen; irgendwie doch sensibel entlockte die sonore Stimme des Doktoren dem Interviewten eine banale Aussage nach der anderen. Dennoch sei es gut, dass er auf ein Direktorenpöstchen nach Saarlouis abgeschoben worden sei. Jetzt senke er dort das Niveau. Leider habe er einfach überall und auch noch in der Miesenkleinenlandeshauptstadt seine Finger in zu Vielem drin – in dem Bahnhof zum Beispiel als „Künstlerischer Leiter“ -, was für unser Unternehmen von GROSZEM Nachteil sei; aber man kenne ja seine (überaus) zahlreichen Gegner … Herr Guru und Herr Doktor gehörten als Jury-Mitglieder in vielfacher Weise dazu.

© VG Wort, 2021.

Der CEO spricht: „HHH!“

Hast du da noch Töne?, muss man angesichts des lautstarken Redeschwalls aus dem Büro unseres CEO in die Runde Fragen: „Erst einmal hat diese Ansammlung von Promoviert*innen etwas Lächerliches, hochgradig Provinzielles. Dass die ‚Stiftung Demokratie Saar‘ zu einem bloßen SPD-Anhängsel verkommen ist, was sei eigentlich nicht dürfte, ist höchst bedauerlich. Die Eigenständigkeit würde der Arbeit derselben mehr Qualität verleihen, denn die SPD als Partei wirkt sich unzweifelhaft qualitätsmindernd aus. Dass der Herr Jellonnek (als Aufpasser an der Seite der seinerseits noch nicht gewählten Dame von der »bpb« regelrecht aufgefallen), eine graue(nhafte) Eminenz und ein typischer SPD-Kulturmafioso mit Platzhirschallüren – in der Nachfolge von Herrn OPUS-Bohrmagazinkurt – mit Wurstfingern auf der lokalen Erinnerungsunkultur, die eine in Ritualen erstarrte Erinnerungskultur ist und eher dem Vergessen dient und somit erzreaktionäre Züge trägt. Das Krasseste ist allerdings, dass die Kulturdezernentin in spe sich in diesem Ambiente tummelt – wie gesagt, der Aufpasser vom Dienst ist hier der ‚Moderator‘ – zeigt die massive Provinzialisierung der ohnedies wohl stets provinziell gebliebenen Dame mit lockigem Haar auf. Dieser Briefingverein »unsozial-und-emokratischer« Natur grapscht geradezu nach der angeblich parteilosen und damit noch lange nicht unparteiischen Dame und führt sie hier vor, was sie nicht zu merken scheint!“ Worum es denn ginge … „Darum!

Hinter all dem stünde die nicht mehr zu übersehende Übernahme der Kultur durch die Oberlangweiler*innen von der SPD und deren kleinkariertes Kulturdingsdavereinigung übernehmen okkupatorisch die Kultur einer Stadt, welche von dem mit’n paar wenigen Stimmen Mehrheit gewählten, dem groszkoalitionärem CDU-Flügel der „GROSZEN vereinigten Volks-Partei“ (GVVP) angehörenden Oberbürgermeisterlein Uwe „Schöni“ Conradt nach und nach in die Reinheit einer Leichenhalle verwandelte Stadt unter dem Motto regiert werden wollte, sie könnten auch Stadt, die (Ultra-)Konservativen. Können sie natürlich nicht; nirgendwo; und unser CEO regt sich seither fürchterlich darüber auf, das selbst sein Kreuzchen (demokratisches) dieser Hohlfassade die Einnahme des Oberbürgermeistersessels eingebracht habe. Seither regiere das blanke Chaos in der Hütte, das bis dato nur darin wohnte. Und die Kultur gehe verpop(p)t vor die Hunde. Aber er habe es denen dort ins Gästebuch geschrieben, denn von ‚Chat‘ könne ja keine Rede sein, weil die keinerlei Diskussionskultur besäßen, von Kultur an sich einmal total zu schweigen …

Hoffnung bestünde keine, sagt unser CEO für seine Verhältnisse ziemlich resigniert. Er habe nur noch ganz wenig Lust, seine eigene künstelerische [sic!] Arbeit niveausteigernd in solch dumpfer Umgebung zu entfalten und zöge sich zunehmend in den Untergrund zurück („Hilfe ich radikalisiere mich!“) und/oder niveauhaltend sowohl im Miesenkleinenlande mit seiner Miesenkleinenhauptstadt kraftvoll in den Ring zu begeben, wann immer sich die Gelegenheit dazu böte. In diesem turbulenten Jahr hätte sie sich zweimal geboten … er wäre voll&ganz dabei gewesen und hätte nichts als die Seichtheit persönlich zum Gegner gehabt, ohne den Sieg davonzutragen. Der sogenannte Kampf mit solchen Gegner*innen wäre langweilig. So langweilig wie das Kaff mit seiner Möchtegernekunstszene, angeblich frei und überhaupt nicht unabhängig, die sogar das Pseudo-Künstlerhaus okkupiere und den sogenannten KulturBahnhof, von denen es – ganz nebenbei – in Deutschland – eigentümlich – nur so wimmele. Es bestehe keinerlei Hoffnung, das sei so klar wie Kloßbrühe.

© VG Wort, 2021.

Der CEO spricht: „FFF!“

Für das erste Mal nach dem Verbot (!) kultureller Darbietung in geschlossenen und offenen Räumen, war die Veranstaltung, die unser CEO gestern Abend im Inneren des KulturBahnhofs in Saarbrücken besuchte, ein vergleichsweise nichtiger: „Ein Kind der 50er Jahre“ war die Veranstaltung von Rainer Petto überschrieben, einem der vielen ehemaligen Mitarbeiter (erstaunlicherweise überwiegend: m) des lokalen Lokalfunks – von unserem CEO mit noch ganz anderen Bezeichnungen attribuiert -, die nun nicht mehr den Äther mit ihren zum Glück nur per Decoder empfangbaren Produktionen verstopfen, dafür hingegen die Kleinbühnen der Stadt, so auch diese: die ‚Kantine‘. Diese ist mit Mobiliar aus genau der deutschen Zeit vollgestopft, um die es gehen sollte, und unser CEO hatte den als ‚Platz 8‘ ausgewiesenen Sessel samt Beistelltischchen für das Glas – zugegebenermaßen qualitativ höchst befriedigenden – Weißweins ergattert.

Rainer Petto liest sich selbst im KulturBahnof in Saarbrücken.
Rainer Petto in den Schuhen seines Vaters. – Foto: Ulrich Ludat; © VG Bild-Kunst, 2021.

Frauen und Männer waren in erstaunlicher Parität zugegen, berichtet unser CEO, was ein Zustand sei, der nicht einmal in seinem Unternehmen eingelöst sei, von der Gesamtwirtschaft und -gesellschaft einmal abgesehen. Altersmäßig schien die Nostalgie die Leute in die ‚Kantine‘ getrieben zu haben; sie wollten etwas über ihre im Nebel des allmählichen Vergessens liegende Vergangenheit aus dem Blickwinkel eines in der Sprache Geübten erfahren, in Erinnerungen schwelgen. Schwelgen ist unseres CEO Sache nicht; es habe ein ziemlicher Hauch Altersheim über den ergrauten Köpfen der Anwesenden (w/m/s) geschwebt, was ihn erschrocken habe. Die rührige Eröffnungsrede der Macherin des KulturBahnhofs und der Vortrag des Herrn Petto haben dann schlimmste Befürchtungen unseres CEO Realität werden lassen. In lokal üblichem, pointenüberreich verschwurbelten Humor – oder was hier dafür gehalten wird -, von glucksenden Damen stets quittiert, habe Herr Petto, sich für einen Schriftsteller höherer Güte haltend, seine ambitionösen Texte aus den Achtziger- über seine und seiner Familie Fünzigerjahre vorgelesen, die er nicht einer erneuten Revision unterzogen habe. Wäre vlt. doch besser gewesen … aber die Anwesenden (m/w/s) wären derart eingenommen gewesen von den Stories, dass es böse gewesen wäre, zu frühzeitig zu gehen. Als dann zu Musikbeispielen endgültig wie in einem Altersheim mitgesungen und geschunkelt wurde, wär’s beinahe passiert …

Für Derartiges müsse man, obgleich es kostenlos gewesen wäre, Schmerzensgeld verlangen, so unser CEO, wütend. Reine Zeitverschwendung, um dann doch immer wieder nur dasselbe feststellen zu müssen: die seichte Verfassung dessen, was sich als Kultur getarnter Saarnazionalismus (sic!) in den Köpfen festgesetzt habe; eine direkte Folge der NAZI-Herrschaft ab 1936 sei das, die von dem Ober-NAZI Röder ab 1957 noch weitere 20 Jahre in genau dem Geiste fortgeführt worden wäre. Und der Herr Oskar als Ziehsöhnchen desselben habe es eigentlich – rotgetüncht – ebenfalls fortgesetzt, nur mit einer Pseudoemphase auf das Sozialistische, nur mäßig befreit vom, sondern vielmehr durchaus weiterhin – wenn auch verdünnt – im Nazionalen (sic!). Der Charakter des unsauberen Herrn Oskar ist ganz klar der eines FÜHRERS (Anm. d. Red.: gut das hier niemand die Gestik und die einschlägige Armbewegung sehen kann). So gehe der, von den Seinen inzwischen „Oppa“ genannt, auch mit der Partei um, in der er sich mit seiner aktuellen Gattin tummele. Es höre einfach nicht mehr auf … und sie seien immer noch in und unter uns. – Das war eindeutig kein schöner Abend für unseren CEO. Da muss er in Zukunft besser (auf sich) aufpassen.

© VG Wort, 2021.