Der CEO spricht: “KKK!”
Kaum zu glauben sei, dass das Fest zum « Quattorze Juillet » auf Kosten des einst den Landstrich hegemonial beherrschenden Nachbarlandes, personifiziert durch dessen Konsul – zum Leidwesen seines (verblichenen) Kätzchens ‚Pixie‘ – stets mit einem fetten Feuerwerk endend, nun zum zweiten Mal einfach ausfalle. Unser CEO ist daher nicht nur aufgrund des ewiggrauen Himmels und der damit verbundenen Wetterwarnung des französischen Wetterdienstes („vigilance orange“) stimmungsmäßig im Keller. Nicht, dass ihm Militärparaden wie die in Paris gefallen würden; ganz im Gegenteil (nur mühselig können wir den sich jetzt stets anschließenden Redeschwall bezüglich dessen tiefen Antimilitarismus, der auch eine Form von Militarismus ist, zügeln…), aber die Party in Saarbrücken am Schloss hätte doch immer etwas gelöst Fröhliches gehabt, was dem Saarländer (w/s/m) in der Regel sogar beim Schwenken und Biersaufen abginge. Seit dem Gegenterror gegen den Terror in Frankreich (letzterer ereignete sich vornehmlich Paris, aber jetzt muss das ganze Land unter den sogenannten Sicherheitsmaßnahmen, die einzig zu mehr Unsicherheit führen, leiden) wären die Partys in Frankreich grundsätzlich keine mehr, sondern Veranstaltungen militärischer und paramilitärischer Organisationen, die sich – wie die „tausend Briefeschreiber bzw. -unterzeichner“ von neulich – immer dreister aufführten.
Klar, so unser CEO, dass Maßnahmen gegen den Terror sein müssten; doch die Einfälle einfältiger Politiker*innen seien eher den Terrorist*innen – und ihm – offen die Hilf- und vollkommene Ratlosigkeit vor Augen führende, die ein allgemeines Absinken des Sicherheitslevels herbeiführten und damit die Stimmung im Lande schädige. Der gewaltige Rechtsruck, der wie unaufhaltsam seine seismografischen Wellen durch Europa entsende, sei ein deutliches Indiz dafür. Das wollten ‚interessierte Kreise‘ allerdings auch genau so, denn deren Agenda werde damit trefflich bedient, ohne dass in guter demokratischer Manier politisch dem Gegner ins Auge geschaut werden müsse. Dieser diskursfreie Aktionismus sei hingegen total demokratieschädigend, was allerdings dem Gegner in die Schuhe geschoben werde. Der seichte Undemokrat (s/w/m) des gesamtgesellschaftlichen Alltags merke noch nicht einmal etwas davon, obwohl die Intellektuellen sich darüber die Finger wund schrieben. Doch niemand lese deren kluge Äußerungen. „Ein ‚GROSZES‘ Problem“, sagt unser CEO mit krausgezogener Stirn, der Militärparaden hasst und nationale Identitäten – von ihm als ‚NAZI-onale‘ (mit Glottisschlag zu artikulieren; wie beim Gendern) bezeichnet – für Konstrukte vom Kaliber des Rassismus hält.
Kann man davon ausgehen, dass der jähe Abriss dieser Tradition Folgen nach sich ziehen wird? Es sollte so sein. Unreflektierte Traditionen oder mit einseitigen Begründungen praktizierte, die gewichtige Facetten – hier der durchaus getrübt freundschaftlichen Beziehung zwischen Deutschlandpartikel Saarland und der möchte-immer-noch-gerne « Grande Nation », deren Kollaboration mit dem durch-NAZI-fizierten Deutschland eine sehr weitgehende war, hat das ganz schnell vergessen wollen (ebenso wie die Luxemburger*innen, die das Kapitel bis auf den heutigen Tag noch weniger aufgearbeitet haben). « Damit ‚das‘ nicht noch einmal passiere » (mit Akzent zu lesen!) – hätten sie gegenüber der Kultur des Nachbarn eine durch&durch feindschaftliche Sprachpolitik betrieben, nachdem sie mit Ach&Krach ein Stück vom Berliner Sektoren-Kuchen abbekommen hatten und wieder aufrecht durch die Siegerwelt stolzierten. Das berichteten auch die vom lokalen ‚Mundartring‚ (erst kürzlich im „(Ewigen) Oberkäseblatt“)!1 Das sei peinlich, schimpft unser CEO, daher müsse das Geballere zum ohnedies militaristischen « NAZI-onal-Tag » Frankreichs in Saarbrücken für immer aufhören; ein für alle Mal. „Erst aufarbeiten – gemeinsam -, dann trotzdem nie wieder ballern!“ // An einem solchen Tag ausgerechnet stirbt Christian Boltanski.
© VG Wort, 2021.
- Siehe Ausgabe v. 10./11.07.2021, S. B4 ‚Heimat‘; Rolshausen, Martin: „Eine saarländische Identität gibt es nicht“